Inflammaging oder auch Inflamm-Aging – ein schickes Kunstwort, das sich aus den englischen Begriffen „inflammation“ (Entzündung) und „aging“ (Altern) zusammensetzt. Geläufig ist Inflamm-Aging den meisten noch nicht, obwohl dieser Begriff schon vor fast 20 Jahren geschaffen wurde. Tatsächlich geht es dabei um die Zusammenhänge zwischen Entzündungen im Körper und dem Altern des Menschen.
Inflammaging: Was steckt hinter diesem Begriff?
Im Jahr 2000 wies der italienische Immunologe Claudio Franceschi auf Folgendes hin: Das Immunsystem setzt während des Alterungsprozesses immer mehr entzündungsfördernde Botenstoffe frei. Dieses Faktum ist heute in der Medizin allgemein anerkannt. Das menschliche Immunsystem mit seinen verschiedenen Zelltypen verändert sich folglich im Laufe der Jahre.
Ein wichtiger Einflussfaktor beim Inflammaging: Die Entwicklung des Immunsystems
Die Aktivität der Immunabwehr, die sich gegen spezifische Krankheitserreger richtet – die sogenannte adaptive Immunabwehr – nimmt mit zunehmendem Alter ab. Die Aktivität der unspezifischen, angeborenen Immunabwehr hingegen nimmt zu. Dies hat zur Folge, dass vermehrt Botenstoffe wie Prostaglandin E2, Interleukin-6, Interferon-gamma und TNF-alpha produziert werden, die für Entzündungen typisch sind. Diese Botenstoffe fördern die Bildung freier Radikale, also aggressiver Sauerstoffverbindungen, die prinzipiell jedes Gewebe schädigen können. Diese Vorgänge werden inzwischen mit der Entstehung von Alterskrankheiten, wie Alzheimer-Demenz, Osteoporose, Arthritis, Arteriosklerose oder Diabetes in Verbindung gebracht. Außerdem sind immunologische Signalstrukturen für die Alterungsprozesse bedeutsam, weshalb nicht nur Alterskrankheiten, sondern auch das Altern selbst von Wissenschaftlern als Entzündungsgeschehen interpretiert wird.
Weitere Erläuterungen vom Spezialisten Prof. Dr. med. Cornel C. Sieber finden Sie hier.
Abschließend erforscht sind diese Zusammenhänge und Wirkungsweisen noch nicht. Doch die zentrale Botschaft ist wichtig: Entzündungen im Körper können möglicherweise wesentlich zum Alterungsprozess und zu ernsthaften alterstypischen Erkrankungen beitragen.
Viele werden sich jetzt beruhigt zurücklehnen und sagen: Entzündungen? Inflammaging? Habe ich zum Glück nicht. Das wünschen wir Ihnen sehr. Doch ohne Ihnen Angst machen zu wollen, sollten Sie Eines wissen: In unserem Körper können sich Entzündungen auch unbemerkt und ohne offensichtliche Symptome ausbreiten. Das ist besonders tückisch, denn gerade solche unterschwelligen, chronischen Entzündungen stehen im Verdacht zu den oben beschriebenen Vorgängen des Inflamm-Agings beizutragen.
Was können Sie tun, um Inflammaging zu bremsen?
Aus der Tatsache, dass Entzündungen sowohl das Altern als auch noch viel schlimmer ernsthafte chronische Erkrankungen begünstigen können, ergibt sich die Schlussfolgerung: Akute sowie andauernde Entzündungen sollten so früh wie möglich erkannt und konsequent behandelt werden. Eine Entzündung ist eine Schutzreaktion des Körpers auf Krankheitserreger und somit lebenswichtig. Doch die freien Radikale, die die Krankheitserreger bekämpfen, können auch dem umliegenden Gewebe schaden und begünstigen somit das Inflammaging. Gefährlich wird es für die Gesundheit, wenn die Abwehrreaktionen des Körpers chronisch werden. Diese chronischen Entzündungen können dann gesunde Organe schädigen und der Entstehung teils schwerer Folgeerkrankungen Tür und Tor öffnen.
Was Sie tun können: Achten Sie aufmerksam auf Ihren Körper, um Anzeichen chronischer Entzündungen frühzeitig erkennen zu können. Beugen Sie chronischen Entzündungen möglichst durch die entsprechenden Maßnahmen vor. Besonders der Lebensstil hat einen Einfluss auf Inflamm-Aging: Empfohlen wird eine mediterrane Diät mit viel Obst und Gemüse. Den darin enthaltenen Antioxidantien wird die Wirkung zugeschreiben, entzündliche und gewebeschädigende Prozesse zu bremsen.
Eine grundsätzliche Maßnahme gegen Inflammaging: Gute Mundhygiene
Viele Krankheitserreger gelangen durch den Mund in den Körper – eine gute Mundhygiene ist also besonders wichtig! Dazu gehören die tägliche, richtige Zahn- und Zahnfleischpflege zu Hause (Zähneputzen, Reinigung der Zahnzwischenräume und der Zunge) sowie die empfohlenen regelmäßigen Kontrolluntersuchungen und Dentalhygiene beim Zahnarzt. Durch eine konsequente Prophylaxe und die Gesunderhaltung Ihres Gebisses können Sie Entzündungen im Mundraum weitgehend vermeiden. Mehr zur intelligenten Vorsorge durch Prophylaxe erfahren Sie hier.
Inflammaging und Parodontitis: Entzündungsherde im Mund frühzeitig eindämmen
Eine der häufigsten chronischen Entzündungen ist die Parodontitis, umgangssprachlich auch als Parodontose bekannt. Parodontitis betrifft den gesamten Zahnhalteapparat: Zahnfleisch, Zahnhals, Kieferknochen, Wurzelzement und Wurzelhaut. Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann es zur Lockerung der Zähne und schließlich zu Zahnverlust kommen, denn die chronische Entzündung des Zahnfleisches ist verbunden mit dem langsamen Abbau des Kieferknochens, der den betroffenen Zahn umgibt. Bei Erwachsenen ist Parodontitis die Top 1 Ursache für Zahnverlust und ein entscheidender Faktor im Hinblick auf Inflamm-Aging.
Diagnostiziert wird Parodontitis meist bei Patienten in der Altersgruppe 40 bis 50 Jahre. Etwa 50 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland sind von einer moderaten Parodontitis betroffen. Unter schwerer Parodontitis leiden etwa 20 Prozent der Erwachsenen. Parodontitis ist damit eine der häufigsten Erkrankungen im Bereich der Zahnmedizin – und sie zählt zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen überhaupt. Das sollte jedoch kein Grund sein, Parodontitis auf die leichte Schulter zu nehmen.
Die Symptome sind unauffällig und zunächst weitgehend schmerzfrei. Das klingt zwar gut, aber daraus ergibt sich ein mitunter folgenschweres Problem: Die Betroffenen dieser tückischen Entzündung im Mundraum sehen keinen Anlass einen Zahnarzt oder Spezialisten für Parodontologie aufzusuchen. Eine Früherkennung ist aber nicht nur wegen des drohenden Zahnverlustes so wichtig, sondern auch aufgrund der aktuellen Erkenntnisse zum Inflamm-Aging.
Parodontitis: Ein Risiko für die Allgemeingesundheit und für Schwangere
Über das Inlammaging hinaus gibt es noch weitere entscheidende Gründe für eine intensive Bekämpfung der Entzündungen im Mund:
- Die chronischen Entzündungen können sich negativ auf die Allgemeingesundheit auswirken. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass eine Parodontitis das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes erhöht.
- Treten bei einer unbehandelten Parodontitis vermehrt Bakterien in die Blutbahn ein (Bakteriämie) – etwa beim Kauen oder Zähneputzen – kann dies bei Patienten mit entsprechender Veranlagung zu einer Herzinnenhautentzündung, einer sogenannten Endokarditis führen. Insbesondere sind auch die Herzklappen davon betroffen.
- Bei Diabetikern ist grundsätzlich eine intensive therapeutische Betreuung hinsichtlich parodontaler Erkrankungen notwendig.
- Speziell schwangere Frauen sollten besonders aufmerksam sein, denn eine unbehandelte Parodontitis kann das Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft erhöhen. Präeklampsie, Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht werden in Zusammenhang mit Parodontitis gebracht. Mehr zu Risiken in der Schwangerschaft durch Parodontitis.
Gute Heilungschancen von Entzündungen durch Früherkennung bei Ihrem aufmerksamen Zahnarzt
Wird die Parodontitis in einem frühen Stadium diagnostiziert und folgt daraufhin eine entsprechende Behandlung, sind die Heilungschancen sehr gut. Eine Parodontitis schreitet meist langsam voran, zu starken Schädigungen der Zähne kommt es erst nach längerem Verlauf. Auch eine schon stärker ausgeprägte chronische Entzündung kann bei fachkundiger Behandlung gut eingedämmt und am Fortschreiten gehindert werden.
Erste Warnsignale, die auf eine Parodontitis hinweisen können:
- Sie haben Zahnfleischbluten bei der täglichen Zahnpflege oder spontan
- Sie bemerken Rötung und Schwellung des Zahnfleisches
Wenn Sie bereits bei leichtem Druck auf das Zahnfleisch eine Blutung feststellen, kann das ein Anzeichen für eine beginnende Parodontitis sein. Gehen Sie zum Zahnarzt oder zum Spezialisten für Parodontologie und lassen Sie sich bezüglich Entzündungen des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparats kompetent und ausführlich beraten bzw. untersuchen.
Die DG Paro (Deutsche Gesellschaft für Parodontologie) bietet auf ihrer Website einen kurzen kostenfreien Selbsttest an. Auch das kann ein erster Schritt zu einer Diagnose sein. Den Arztbesuch sollte der Selbsttest jedoch nicht ersetzen!
Ausführliche und verständliche Informationen zum PSI, dem Parodontalen Screening Index zur Früherkennung der Parodontitis, erhalten Sie in diesem Ratgeber.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Auch vor der Entstehung einer Zahnfleisch-Entzündung können Sie sich durch eine konsequente Mundhygiene und Vorsorge beim Zahnarzt, wie oben beschrieben, schützen! Lassen Sie sich am besten von Ihrem Zahnarzt oder Parodontologen beraten. Wir können das Altern nicht verhindern, aber wir können selbst einen Beitrag dazu leisten, dass wir etwas gesünder älter werden – ohne Inflammaging. Nutzen Sie diese Chance!
Ihr Ärzte-Team von Implanteer® München
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