Die wenigsten Menschen sind mit einem Gebiss gesegnet, dass bis ins hohe Alter gesund und funktionsfähig bleibt. Und manche werden bereits in jüngeren Jahren mit Zahnlosigkeit konfrontiert. Sind die Zähne weg, ist Nachhilfe erforderlich, um das Leben weiterhin in vollen Zügen genießen zu können. Für die „Dritten“ kommen vor allem zwei Methoden infrage: Eine Totalprothese oder ein fester Zahnersatz, der auf Zahnimplantaten fixiert wird. Welche Vor- und Nachteile bieten diese Möglichkeiten?
Variante 1 – Einfach, bekannt, preiswert: Die Vollprothese
Das „Gebiss“, wie es umgangssprachlich genannt wird, ist die häufigste Lösung für einen Zahnersatz bei Zahnlosigkeit. Diese herausnehmbaren Vollprothesen (oder Totalprothesen) werden für den Ober- und Unterkiefer hergestellt. Wie eine solche Prothese aussieht, weiß beinahe jedes Kind. Denn wer kennt ihn nicht – den bleibenden Eindruck, den das „echte Gebiss“ in Omas und Opas Zahnputzglas hinterlassen hat?
Relativ gute Haftung – im Oberkiefer
Das Konzept ist einfach: Auf einer Kunststoffbasis werden die Ersatzzähne so positioniert und verankert, dass sie die fehlenden Zähne ersetzen. Die Prothesenbasis deckt den gesamten Gaumen sowie den Kieferkamm im Oberkiefer ab und reicht bis zu den beweglichen Bereichen der Schleimhäute. Halt bekommt die Prothese durch den Speichel: Er kann durch einen Spalt zwischen der Kunststoffbasis und dem Zahnfleisch einfließen. Durch die Saugkräfte sowie die Ventilfunktion der beweglichen Schleimhaut, die den Spalt versiegeln kann, wird die Prothese angesaugt und haftet dadurch am Gaumen. Die Beschaffenheit des Kieferkamms und die Klebeeigenschaften des Speichels haben Einfluss darauf, wie gut die Prothese sitzt. Viele Patienten sind mit einer Oberkieferprothese recht zufrieden, zumindest anfangs.
Weniger Auflagefläche – weniger Halt: Die Vollprothese für den Unterkiefer
Anders sieht es bei Unterkieferprothesen aus, denn sie halten in der Regel deutlich schlechter. Das Haftprinzip ist zwar dasselbe – auch hier soll die Kunststoffbasis für Halt sorgen. Sie liegt größtenteils auf dem Kieferkamm auf, die Auflagefläche ist also sehr viel kleiner als beim Oberkiefer. Erschwerend kommt hinzu, dass die Basis zur Zunge und zu den Wangen hin nicht zu groß sein darf, da es sonst zu unangenehmen Druckstellen kommt. Klagen über schlecht sitzende Unterkieferprothesen sind deshalb an der Tagesordnung. Zumal auch handelsübliche Haftstoffe nicht viel helfen, wenn sich der Unterkiefer schon stark zurückgebildet hat.
Regelmäßige Nachbesserung durch Unterfütterung
Durch das Tragen einer Prothese wird die Rückbildung des Kieferknochens nicht verhindert. Der Kieferkamm verändert sich fortlaufend, was zu einem zunehmends schlechteren Sitz der Prothese führt, die immer wieder an den veränderten Kiefer angepasst werden muss. Diese „Unterfütterung“ birgt allerdings auch das Risiko neuer Druckstellen.
Vorteile herausnehmbarer Vollprothesen
- Einfache Herstellung und Routinebehandlung beim Zahnarzt
- Preiswerte Lösung bei Zahnlosigkeit
- Reparatur und Anpassung sind jederzeit möglich
Nachteile herausnehmbarer Vollprothesen
- Vollständige Abdeckung des oberen Gaumens
- Einschränkung der Kaufähigkeit und des Geschmacksempfindens
- Einschränkung beim Sprechen durch gestörte Lautbildung
- Fortschreiten des Kieferknochenschwunds (Atrophie)
- Probleme mit dem Halt der Prothese
- Notwendigkeit laufender Anpassungen (Unterfütterung)
- Schmerzen durch Druckstelle
Variante 2 – Neue „feste dritte Zähne“ bei Zahnlosigkeit – dank Implantaten
Eine Prothese kann auch auf Zahnimplantaten fixiert werden, genauer gesagt handelt es sich dann um eine Brücke, die individuell angefertigt wird und aus mindestens 12 Zähnen besteht. Ein Zahnimplantat ist eine künstliche Zahnwurzel, die im Kieferknochen verankert wird und dort einwächst. Im Unterkiefer müssen in der Regel nur vier Implantate an den strategisch wichtigen Stellen eingesetzt werden – sie sind das Fundament, auf dem später der eigentliche Zahnersatz angebracht wird, der dann dauerhaft im Kiefer verbleibt und für den Patienten nicht herausnehmbar ist. Im Oberkiefer werden meist fünf bis sechs Implantate gesetzt, da die Knochensubstanz dort weicher ist. Absolut stabiler Halt der „Dritten“ und die Gaumenfreiheit sind die stärksten Vorteile dieser Methode.
Für einen implantatgetragenen Zahnersatz gibt es nach oben hin keine Altersgrenze. Selbst im Alter von 80 Jahren und mehr dauert die Einheilung der Zahnimplantate in der Regel nicht länger, als bei allen anderen Patienten.
Vorbereitung der Implantation durch Knochenaufbau
Bei Patienten, die schon länger unter vollständiger Zahnlosigkeit leiden, oder bei denen schon viele Zähne fehlen, ist die Kieferknochenbasis meist nicht mehr stabil genug, um die Zahnimplantate sicher zu tragen. In diesem Fall wird zunächst ein Kieferknochenaufbau durchgeführt, um genügend Substanz für das Verankern der Implantate zu schaffen und deren langfristigen Halt zu sichern. Ein solcher Knochenaufbau ist heute kein großer Eingriff mehr.
Knochenaufbau im Oberkiefer: Der Sinuslift
Mit dem sogenannten Sinuslift kann das Knochendefizit im Oberkiefer vor dem Setzen eines Zahnimplantats ausgeglichen werden. Dieses minimalinvasive Verfahren ist für erfahrene Implantologen ein Routineeingriff, der durch die Mundhöhle durchgeführt wird und keine sichtbaren Narben verursacht. Der knöcherne Boden der Kieferhöhle (Sinus maxillaris) wird mit körpereigenem Knochen (autogenem Knochen) oder einem wissenschaftlich bestätigten und klinisch bewährten Knochenersatzmaterial aufgefüllt. Im Falle von künstlichem Material bildet der Körper nach und nach echten, eigenen Knochen, der das künstliche Material ersetzt. Mit dem Sinuslift erreicht der Behandler im Seitenzahnbereich des Oberkiefers ein solides Fundament für die Zahnimplantate.
Knochenaufbau im Unterkiefer: Das Knochentransplantat
Im Unterkiefer erfolgt ein Knochenaufbau meist mit Hilfe eines Knochentransplantats. Dieses besteht beispielsweise aus einem geeigneten Stück Eigenknochen, das aus dem Kiefer des Patienten entnommen und im Bereich des Knochendefizits eingesetzt wird. Auch bei dieser Methode entstehen keine äußeren Narben.
Die Heilungsphase und das Setzen der Implantate
Was die weiteren Behandlungsschritte anbelangt, gibt es verschiedenen Möglichkeiten. Unter bestimmten Voraussetzungen können der Sinuslift und das Setzen der Implantate in einem einzigen Eingriff erfolgen. Hierfür muss die vorhandene Knochenschicht noch mindestens vier bis fünf Millimeter dick und von guter Qualität sein. Nach einer Einheilzeit von vier bis sechs Monaten kann der Zahnersatz – bei vollständiger Zahnlosigkeit also die Brücke für den gesamten Kiefer – auf den eingewachsenen Implantaten fixiert werden. Zu diesem Zeitpunkt sind alle betroffenen Gebiete ausgeheilt und der Zahnersatz wird optimal auf die Zahnfleischsituation angepasst. Die Heilung kann durch wachstumsfördernde Substanzen optimiert und beschleunigt werden.
Ist die Kammhöhe des Kieferknochens zu gering, erfolgt zunächst nur der Sinuslift. Nach etwa einem halben Jahr wird das Zahnimplantat in den nachgebildeten Knochen gesetzt, der jetzt eine ausreichende Implantatbasis bietet. Danach wird dem Implantat die nötige Zeit zur Einheilung gegeben, im letzten Schritt wird dann die Brücke angebracht.
Die wichtigsten Vorteile eines festen Zahnersatzes auf Implantaten
- Sicherer Halt des Zahnersatzes: feste Verankerung auf den Implantaten
- Gaumenfreiheit: keine Beeinträchtigung des Geschmacksempfindens
- Problemloses Kauen und Sprechen
- Erhalt des Kieferknochens: die Zugkraft auf den Kiefer wirkt dem Knochenabbau entgegen
- Einfache Reinigung und Pflege sowie hervorragende Hygieneeigenschaften
- Dauerhafte Lösung: bei guter Pflege halten Implantate meiste ein Leben lang
- Natürliches Zahngefühl wie bei eigenen Zähnen
- Hervorragende Zahnästhetik und Gesichtsästhetik: der Kiefer fällt nicht ein, die natürliche Gesichtsform bleibt erhalten
Variante 3 – Innovative Behandlungsmethode: Feste dritte Zähne an einem Tag
In bestimmten Fällen kann die Versorgung mit Implantaten und das Anbringen des Zahnersatzes in einer einzigen minimalinvasiven Operation erfolgen – auch bei vollständiger Zahnlosigkeit. Der Patient kommt morgens in die Praxis und verlässt sie am selben Abend mit neuen, festen Zähnen. Bei dieser
sogenannten Sofortversorgung wird die Brücke im Vorfeld angefertigt und kurz nach dem Setzen der Implantate fixiert. Nach Abschluss der Operation können die neuen Zähne schon nach kurzer Zeit belastet werden (Sofortbelastung).
Voraussetzungen sind ausreichend stabiles Knochenmaterial und genügend gesundes Weichgewebe (Zahnfleisch). Zudem darf keine akute Entzündung vorliegen, das Zahnfach (Alveole) muss überwiegend entzündungsfrei sein. Durch Verwendung spezieller innovativer Implantate, die in einem leichten Neigungswinkel in den Kiefer eingesetzt werden, wird das Knochenangebot optimal genutzt. Ein zusätzlicher Knochenaufbau oder eine Knochentransplantation mit längeren Heilungsphasen kann in der Regel vermieden werden. Dieses Verfahren ist unter verschiedenen Namen bzw. Trademarks bekannt, wie u.a. All-on-4™, ReVitalize™, Fast&Fixed™, TeethXpress™ oder Smartfix™.
Sicherheit durch Technologie und präzise Planung
Ob Sofortimplantation oder Step by Step: Alle Behandlungsschritte werden von einem Spezialisten für Implantologie sorgfältig geplant. Moderne Zahnarztpraxen arbeiten hierfür mit hoch innovativen Geräten und Technologien, die eine exakte Diagnose und eine vorausschauende, präzise Planung der Operation ermöglichen. Dazu zählen die Digitale Volumentomographie (DVT), 3D-Röntgen und die 3D-Simulation am Computer. Diese Verfahren stellen die Kieferknochensituation und die knöchernen Strukturen bis ins kleinste Detail bildlich und dreidimensional dar. Auch während der Operation kommen modernste Techniken zum Einsatz: Mit Hilfe individuell hergestellter Navigationsschablonen wird sichergestellt, dass sensible Bereiche, wie die Kieferhöhle, nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Fazit – Fester Zahnersatz: Eine gute Entscheidung fürs Leben
Die herkömmliche Totalprothese ist ein preisgünstiger Zahnersatz. Allerdings kommt es vor allem bei schlecht sitzenden Prothesen zu einem fortlaufenden Kieferknochenschwund. Auch Beschwerden durch Druckstellen sind häufig und viele Betroffene klagen über schlechten Halt, eine deutliche Einschränkung des Geschmacksempfindens und Probleme beim Sprechen. Diese Nachteile werden durch eine feste Fixierung des Zahnersatzes auf Implantaten vermieden. Damit können auch Menschen im hohen Alter eine gute Lebensqualität genießen – ohne Einschränkungen beim Essen, Reden und hinsichtlich der Zahnästhetik. Bei vollständiger Zahnlosigkeit ist diese Methode die ideale Lösung. Lesen Sie hierzu auch den persönlichen Erfahrungsbericht einer unserer Patientinnen.
Ihr Dr. Marc Hinze, M.Sc.
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