Zahnfleischaufbau: Ursachen für Zahnfleischrückgang und Behandlungsmöglichkeiten
Ein Wiederaufbau des Zahnfleischs kann aus unterschiedlichen Gründen notwendig oder gewünscht sein: Medizinisch angeraten wird der Zahnfleischaufbau dann, wenn die Schutzfunktion des Zahnfleischs für die Zähne gefährdet ist. Doch auch aus ästhetischen Gründen kann eine Korrektur des Zahnfleischs durchgeführt werden.
Die maßgeblichen Gründe für einen Zahnfleischaufbau
Rezession: Entzündungsfreier Rückgang des Zahnfleischs
Als Rezession, genauer parodontale Rezession, wird ein Zahnfleischrückgang bezeichnet, der nicht durch eine Zahnfleischentzündung verursacht wird. Eine solche Rezession führt zu einer Freilegung der Wurzeloberfläche und kann an allen Zahnflächen auftreten. Zu den häufigsten Ursachen der Rezession zählt eine über Jahre hinweg falsche Zahnputztechnik, in deren Folge sich das Zahnfleisch langsam aber stetig zurückzieht. Von diesem sogenannten Putztrauma sind Menschen mit von Natur aus dünnem Zahnfleisch besonders betroffen. Zudem können nicht optimal sitzende zahnärztliche Restaurationen oder Verletzungen zu einer Rezession führen. Auch der normale Alterungsprozess bringt sehr häufig einen Zahnfleischschwund mit sich.
Parodontitis: Zahnfleischrückgang durch Zahnfleischentzündungen
Bei einer Parodontitis (umgangssprachlich Parodontose) hingegen bilden sich das Zahnfleisch und der Kieferknochen im Laufe der Jahre aufgrund immer wieder auftretender Zahnfleischentzündungen zurück. Der Zahnfleischschwund hat also eine entzündliche Ursache. Die Behandlungsmöglichkeiten sind ähnlich wie bei der Rezession, meist erfolgt ein mikrochirurgischer Zahnfleischaufbau mit oder ohne Zahnfleischtransplantat. Ist die Parodontitis bereits weit fortgeschritten, werden zunächst die zerstörten Kieferknochen und das Bindegewebe wiederaufgebaut, um die Basis für ein gesundes Zahnfleisch zu schaffen. Im nächsten Schritt kann dann das zurückgegangene Zahnfleisch durch die operative Behandlung wiederhergestellt werden.
Die Natur: Zu wenig Zahnfleisch von Beginn an
Dicke und Beschaffenheit des Zahnfleischs sind in erster Linie genetisch bedingt. Gesundes Zahnfleisch ist um die Zahnkrone herum fest angewachsen, relativ dick und sehr widerstandsfähig. Bei manchen Menschen ist das befestigte Zahnfleisch jedoch von Natur aus sehr fein und verletzlich oder es fehlt an manchen Stellen ganz. Dünnes Zahnfleisch ist anfällig für einen Zahnfleischrückgang, besonders im Bereich der Frontzähne.
Zahnfleisch aufbauen vor geplanter kieferorthopädischer Behandlung
Neben zahnmedizinischen Indikationen ist im Falle einer unzureichenden Zahnfleischsituation ein Zahnfleischaufbau auch dann besonders wichtig, wenn eine KFO-Therapie geplant ist. Diesbezüglich besteht ebenfalls eine dringende Notwendigkeit einer Behandlung, da Engstände, gekippte Zähne, Außenstände und Zwangsbisse für unzureichendes Zahnfleisch verantwortlich sein können. Auch in diesem Fall muss das Zahnfleisch vor Beginn der kieferorthopädischen Behandlung ausreichend gestärkt werden, um Zähne und Zahnfleisch vor Schädigungen durch die KFO-Maßnahmen zu schützen.
Zahnfleischrückgang und Zahnfleischlücken durch Kieferorthopädie
Werden im Rahmen einer kieferorthopädischen Behandlung die Zähne stark verschoben, passen Zahnfleisch bzw. der Zahnfleischverlauf meist nicht mehr zum neuen Zahnstand, denn das Zahnfleisch kann nicht verschoben werden. Auch das Tragen einer Zahnspange sowie die dadurch eingeschränkte Zahnpflege können zu einem Rückgang des Zahnfleischs führen. Dadurch wird eventuell ein Zahnfleischaufbau im Anschluss an eine derartige Behandlung bedingt.
Zu straffes Wangenbändchen oder Lippenbändchen
Grund für eine Rezession kann ein zu fest am Zahnfleisch befestigtes Wangenbändchen oder ein zu straff ansetzendes Lippenbändchen sein. Die Bändchen üben einen starken Zug auf das Zahnfleisch aus, wodurch sich das Zahnfleisch im Laufe der Zeit zurückzieht. Bei diesem Problem muss keine der unten beschriebenen Behandlungsmethoden angewandt werden, denn es lässt sich durch einen kleinen chirurgischen Eingriff lösen, bei dem die Bändchen durchtrennt bzw. versetzt werden.
Die Folgen von zu wenig Zahnfleisch
Gesundes Zahnfleisch umschließt die Zähne girlandenförmig wie ein fester Kragen und schützt Zähne und Zahnwurzeln zuverlässig. Ist zu wenig Zahnfleisch vorhanden, wirken die betroffenen Zähne optisch länger als die Nachbarzähne und ragen hoch aus dem Kiefer heraus. Durch das Missverhältnis von Zähnen und Zahnfleisch wirkt der gesamte Zahnfleischverlauf unharmonisch. Verhängnisvoller für die Zahngesundheit ist jedoch die funktionelle Beeinträchtigung: Die freiliegenden Wurzeloberflächen sind sehr empfindlich und können stechende Schmerzen bei Reizen wie Kälte oder Wärme verursachen. Zudem führt der Rückgang zu einem erhöhten Risiko für einen Wurzelkaries, da das im Wurzelbereich freiliegende Dentin kariesanfälliger ist als der Zahnschmelz.
Zahnfleischaufbau: Wann besteht Behandlungsbedarf?
Ein gering ausgeprägter Zahnfleischschwund, der keine Beschwerden verursacht und zu keinem erhöhten Kariesrisiko führt, muss aus medizinischer Sicht meist nicht mit einem zusätzlichen Zahnfleischaufbau behandelt werden. Betroffene Patienten sollten jedoch zur regelmäßigen Kontrolle beim Zahnarzt gehen.
Ein fortgeschrittener Rückgang hingegen beeinträchtigt die Mundhygiene, wodurch Entzündungen leichtes Spiel haben. Hier ist eine Behandlung notwendig, denn im Extremfall droht das Verschwinden des gesamten befestigten Zahnfleisches – der freiliegende Zahnhals wird dann nur noch von der beweglichen Schleimhaut begrenzt. In dieser Situation haben die Zähne nur noch wenig Halt, der Zahnverlust droht.
Für den Zahnfleischaufbau und für die ästhetische Zahnfleischkorrektur stehen unterschiedliche minimalinvasive Verfahren und mikrochirurgische Techniken zur Verfügung. Das Zahnfleisch wird schonend korrigiert und die freiliegenden Zahnhälse werden möglichst vollständig wieder abgedeckt. So sind Zähne und Zahnwurzeln wieder wirksam vor schädigenden Aggressoren und Karies geschützt. Welches Verfahren gewählt wird, hängt von der individuellen Zahnfleischsituation und dem Fortschritt des Zahnfleischrückgangs ab.
Chirurgischer Aufbau des Zahnfleischs: Die unterschiedlichen Techniken
Zahnfleischaufbau mittels Zahnfleischverschiebung und/oder einem Transplantat
Zu den gängigsten Verfahren des Zahnfleischaufbaus gehört die sogenannte „Verschiebelappentechnik“ oder „Verschiebelappenplastik“. Bei dieser Methode wird ein „Lappen“ gesunden Zahnfleischs aus der Nachbarregion an die abzudeckende Wurzeloberfläche verschoben, um das fehlende Zahnfleisch zu ersetzen. Der Gewebelappen wird mit feinsten Nähten so fixiert, dass er sicher anheilen kann.
Eine weitere Methode zum Zahnfleischaufbau ist die Verwendung eines „Freien Bindegewebstransplantats“. Dieses Transplantat kann aus körpereigenem Weichgewebe des Patienten gewonnen werden – meist aus dem harten Gaumen oder der Wange. Das entnommene Gewebestück wird gereinigt und an die Größe und Form des fehlenden Zahnfleischgewebes angepasst. Das Transplantat wird dann in das Empfängerbett verpflanzt und dort mit dem Gewebe vernäht. Meist wird kein vollständiger Schleimhautlappen entnommen, sondern lediglich die Bindegewebsschicht, die unter der Oberfläche der Schleimhaut liegt. Alternativ kann statt des körpereigenen Weichgewebes ein künstliches Transplantat zum Zahnfleischaufbau verwendet werden.
Auch eine Kombination beider Methoden wird häufig zum Zahnfleischaufbau angewandt: Die Verschiebelappentechnik wird mit einem freien Transplantat, das als zusätzliche verstärkende Unterlage fungiert, kombiniert. Dadurch wird die Fehlstelle nicht nur abgedeckt, das Gewebe wird auch verdickt, um dessen Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.
Diese Verfahren zählen zur plastisch-rekonstruktiven Parodontalchirurgie. Sie werden meist unter örtlicher Betäubung und mit Hilfe eines OP-Mikroskops sowie hoch feinen Instrumenten durchgeführt. Die Behandlung zum Zahnfleischaufbau ist schmerzfrei, lediglich ein leichter Druck kann zu spüren sein. Durch den Austausch genetischer Information vom Gaumengewebe zum Empfängerbett bildet sich neues Zahnfleisch und das umliegende Gewebe verbindet sich mit dem Transplantat im Laufe der Zeit zu einem optimalen Gewebetyp, der für eine stabile Zahnfleischsituation sorgt. Das verpflanzte Gewebe ist nach vollständiger Heilung nicht von natürlich gewachsenem Zahnfleisch zu unterscheiden. Mit diesen Therapieformen des Zahnfleischaufbaus werden sehr gute und langfristig stabile Ergebnisse erzielt. Beschwerden treten äußerst selten auf.
Zahnfleisch aufbauen mit der Tunneltechnik und Schlüssellochtechnik
Innovative Techniken zum Zahnfleischaufbau ermöglichen es heute, Transplantate auch ohne vorherige Ablösung des noch vorhandenen Zahnfleisches einzubringen – mit der sogenannten Tunneltechnik, auch Pinhole-Technik, Schlüssellochtechnik oder Tunnellierungstechnik genannt. Der Behandler schafft hierfür mit einer mikrochirurgischen Methode einen Zugang im vorhandenen Zahnfleisch – einen Tunnel – durch den das Transplantat an der betroffenen Stelle eingesetzt und dort mit feinsten Nähten fixiert wird.
Vorbeugung ist die beste Therapie!
Bis zu einem gewissen Grad können Sie dem Zahnfleischrückgang selbst vorbeugen. Die richtige und gründliche Mundhygiene ist hierfür das A und O.
Tipps für die richtige Zahnfleischpflege
- Gründliches Zähneputzen, mindestens zweimal täglich
- Verwendung einer nicht zu harten Zahnbürste, um Zahnfleischverletzungen und Putztrauma zu vermeiden
- Anwendung der richtigen Zahnputztechnik: sanfte, kreisende Bewegungen der Zahnbürste
- Zahnzwischenräume und schwer zugängliche Stellen einmal täglich mit Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürstchen reinigen
- Massieren des Zahnfleischs mit elektrischer Zahnbürste, Handzahnbürste mit weichem Bürstenkopf oder Munddusche bei leichtem Wasserdruck, um die Durchblutung anzuregen
- Alternativ leichtes Massieren des Zahnfleischs mit den Fingern, Hände zuvor reinigen!
- Reinigung der Zunge mit speziellen Zungenreinigern, um auch dort Bakterien zu entfernen
- Pflege für Zwischendurch: Nach Zwischenmahlzeiten den Mund mit Wasser ausspülen oder mit einem Zahnpflegekaugummi reinigen
- Ergänzende professionelle Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis, regelmäßig und am besten durch eine qualifizierte Dentalhygienikerin
- Einhaltung der empfohlenen Kontrolltermine beim Zahnarzt
Mehr zur richtigen Zahnfleischpflege.
Fazit
Ein professioneller Zahnfleischaufbau bzw. eine Zahnfleischkorrektur verleiht den Zähnen einen ästhetischen Rahmen. Noch wichtiger ist die Wirkung für die Zahngesundheit: Durch den Zahnfleischaufbau werden die freiliegenden Zahnhälse und Zahnwurzeln wieder abgedeckt. Die Zähne sind weniger schmerzempfindlich, Zahnhälse und Wurzeln werden vor Karies und anderen negativen Einflüssen, wie Verletzungen durch scharfkantige Lebensmittel oder dem Eindringen von Nahrungsresten, geschützt. Überdies haben die Zähne wieder einen festen Halt.
Zahnfleischkorrekturen sind ein äußerst anspruchsvoller Spezialbereich der plastisch-rekonstruktiven Parodontalchirurgie. Ob kosmetische Behandlung aus rein ästhetischen Gründen oder im Rahmen einer Parodontitis- sowie einer Implantat-Behandlung – der Zahnfleischaufbau erfordert fundiertes parodontologisches Know-how und viel Erfahrung. Jede Zahnfleischkorrektur muss individuell geplant werden.
Bei Implanteer® in München Gräfelfing klären Sie die Spezialisten für Parodontologie über Ihre Zahnfleischsituation auf und beraten Sie, wie man Ihren Zahnfleischaufbau bei Bedarf am besten durchführen kann. Neben der Wiederherstellung der Schutzfunktion geht es vor allem um die Ästhetik. Insbesondere deshalb sollten Sie Ihr Zahnfleisch einem in der plastisch-ästhetischen Chirurgie erfahrenen Zahnarzt anvertrauen.
Ihr Zahnärzte-Team von Implanteer®
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