Unter einer Rezession versteht man den entzündungsfreien Rückgang des Zahnfleisches, das den Zahn kragenförmig umschließt. Die Folge: Ein Teil der Wurzeloberfläche des Zahnes wird freigelegt. Dies wiederum führt zu einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit der Zahnhälse und auch Wurzelkaries zählt zu den möglichen Folgen. Zudem empfinden viele Patienten die freiliegenden Zahnhälse als ästhetische Beeinträchtigung.
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Der Zahnfleischrückgang kann mit schonenden, operativen Verfahren korrigiert werden. Ziele der chirurgischen Rezessionsdeckung sind die möglichst vollständige physiologische Abdeckung der Wurzeloberfläche sowie das Stoppen des Rezessionsfortgangs. Vor der Behandlung muss jedoch sichergestellt werden, dass keine Entzündungen am Zahnfleisch vorliegt. Bestehende Entzündungen müssen vor einer chirurgischen Rezessionsdeckung behandelt werden.
Für die Zahnfleischkorrektur werden in der ästhetisch-plastischen Parodontalchirurgie je nach Schweregrad minimalinvasive mikrochirurgische Techniken oder etwas umfassendere Methoden angewandt. Eines der etablierten und erfolgreichen Verfahren möchten wir Ihnen in diesem Beitrag näher vorstellen:
Die Verschiebelappentechnik zur Deckung von Rezessionen
Bei diesem Verfahren erfolgt die Rezessionsdeckung entweder durch Gewebe aus der Nachbarregion der betroffenen Zähne mittels eines Verschiebelappens – also durch eine Verschiebung bzw. Rotation des körpereigenen Zahnfleisches – oder die freiliegenden Wurzeloberflächen werden zusätzlich mit einem Bindegewebstransplantat aus dem eigenen Gaumen abgedeckt. Mit der Verschiebelappentechnik wird ein sehr gutes ästhetisches Ergebnis erzielt. Unterschieden wird zwischen dem koronalen und dem lateralen Verschiebelappen.
Der koronale Verschiebelappen
Mit dieser Operationstechnik können mehrere benachbarte Rezessionen gleichzeitig gedeckt werden. Voraussetzung ist eine ausreichend vorhandenes, befestigtes Zahnfleisch von mehreren Millimetern im Bereich der Rezession. Zunächst erfolgt die Reinigung und Glättung der Wurzeloberfläche (Scaling und Root-Planing). Dann wird der Lappen an der Empfängerstelle chirurgisch gelöst. Der Lappen kann entweder als Spaltlappen gebildet werden, wobei die Schleimhaut von der Knochenhaut abpräpariert wird. Oder bei dünnem Zahnfleisch als sogenannter Vollmukosalappen, bei dem die Knochenhaut vom Knochen abpräpariert wird. Durch Dehnung des Lappens wird dann die Wurzeloberfläche abgedeckt. Das Zahnfleisch wird abschließend mit feinsten Nähten verschlossen.
Die Verschieberichtung des Lappens ist der Namensgeber dieser Methode: Die Verlagerung des Lappens erfolgt „nach koronal“, also in Richtung der Zahnkrone.
In Ergänzung kann die Wurzeloberfläche mit einem Schmelzmatrixprotein-Präparat versehen. Schmelzmatrixproteine fördern die Neubildung von Wurzelzement und die Freisetzung wichtiger Wachstumsfaktoren, die für die Regeneration des Zahnfleisches wichtig sind. Zudem verhindern sie das Wachstum unerwünschter Zellen aus der Zahnfleischtasche.
Der laterale Verschiebelappen
Diese Variante der Verschiebelappentechnik wird zur Zahnfleischverbreiterung und zur Deckung einzelner Rezessionen eingesetzt. Voraussetzung ist ein ausreichend breites und dickes Zahnfleisch auf einer Seite der Rezession, sodass an der Entnahmestelle des Transplantats auch nach der Operation noch ausreichend befestigtes Zahnfleisch vorhanden ist. Auch hier ist die Verschieberichtung der Namensgeber für das Verfahren: Das Gewebe wird lateral, also seitlich, verschoben.
Zur chirurgischen Vorbereitung der Empfängerstelle werden die Schnittränder abgeschrägt und dadurch vom Epithel befreit, damit das künftige Transplantat nicht nur durch die eigenen Blutgefäße im Lappenstiel versorgt wird, sondern auch aus den Blutgefäßen der Empfängerstelle. Danach wird das befestigte Zahnfleisch im Bereich der Rezession entfernt. Seitlich der Rezession wird ein
Spaltlappen gebildet: Die Schleimhaut wird aktiviert und seitlich zur Empfängerstelle geschwenkt. An der Entnahmestelle erfolgt die Neubildung der Schleimhaut auf natürliche Weise. Um eine ausreichende Blutversorgung des Lappens zu gewährleisten, ist dieser deutlich größer als die Rezession. Der Verschiebelappen wird abschließend mit feinsten Nähten fixiert. Damit an der Deckung der Rezession keine Spannungen auftreten, kann zudem eine Entlastung an der Lappenbasis erfolgen.
Wie beim koronalen Verschiebelappen wird auch beim lateralen Verschiebelappen die Wurzeloberfläche mit einem Schmelzmatrixprotein-Präparat versorgt, um die Regeneration des Zahnfleisches zu unterstützen.
Einsatz eines freien Bindegewebstransplantates zur Unterstützung bei dünnem Zahnfleisch
Das Verfahren wird in Kombination mit einem Verschiebelappen angewendet, wenn durch eine reine Verschiebelappentechnik kein ausreichend dickes Zahnfleisch hergestellt werden kann. Das Bindegewebstransplantat wird aus dem Bereich des harten Gaumens entnommen und als Gewebegrundlage auf die freiliegende Wurzeloberfläche gelegt. Der zuvor im Empfängergebiet präparierte Verschiebelappen (siehe oben) wird dann über das Bindegewebstransplantat geklappt und mit feinsten Nähten fixiert. Mit dieser Methode wird eine Verdickung und Stabilisierung des Gewebes erreicht.
Die Gewebeentnahme am festen Gaumen erfolgt mit mittels gewebeschonender und schmerzarmer Entnahmetechnik. Es entsteht lediglich eine kleine Wunde, die sehr schnell und komplikationslos verheilt.
Die Nachsorge: wichtig für den langfristigen Erfolg der Zahnfleischkorrektur
In den ersten Tagen nach der Zahnfleischkorrektur muss der Patient scharfkantige Nahrungsmittel vermeiden und das Operationsgebiet zweimal täglich mit Chlorhexidin spülen. Auch eine Kühlung der behandelten Stellen wird empfohlen. Die Entfernung der Nähte erfolgt in der Regel sieben bis zehn Tage nach der Operation. Nach weiteren zwei bis drei Wochen wird der Heilungsverlauf bei einem Kontrolltermin beim Zahnarzt geprüft.
Zudem ist es für den Langzeiterfolg unerlässlich, dass der Betroffene in die korrekte Putztechnik eingewiesen wird und die regelmäßigen Kontrolltermine beim Zahnarzt wahrnimmt. Da eine Fehlbelastung der betroffenen Zähne ebenfalls den langfristigen Erfolg der Rezessionsdeckung gefährden kann, sollte geprüft werden, ob eine solche vorliegt und gegebenenfalls korrigiert werden.
Keine Angst vor Schmerzen!
Obwohl es sich bei der chirurgischen Rezessionsdeckung um eine Operation handelt, bei der auch genäht wird, müssen Sie sich weder vor Schmerzen noch vor starken Einschränkung oder einer langwierigen Behandlung fürchten. Die Korrekturen werden in örtlicher Betäubung durchgeführt und sind daher schmerzfrei. Auch nach der Behandlung treten in der Regel keine starken Schmerzen auf. Durch moderne Operationstechniken wird zudem eine unschöne Narbenbildung verhindert. Und meist lassen sich mit nur einer Operation alle zu behandelnden Rezessionen korrigieren.
Langfristig optimale Ergebnisse – kosmetisch und medizinisch
Bei starkem Zahnfleischrückgang wird mit der chirurgischen Rezessionsdeckung ein langfristig optimales Ergebnis hinsichtlich Funktion und Ästhetik erzielt: Die Gesamtästhetik wird durch die Korrektur des Zahnfleischverlaufs wieder harmonisiert. Die Schmerzempfindlichkeit wird beseitigt und die Zähne sind wieder natürlich vor schädigenden Einflüssen geschützt.
Welches Verfahren zur chirurgischen Rezessionsdeckung angewendet wird, kommt auf die individuelle Situation an. Der individuelle Therapieplan wird auf die Diagnose sowie auf die Vorstellungen und Ziele des Patienten abgestimmt. Bei der Rezessionsdeckung handelt es sich um technisch anspruchsvolle und sensible mikrochirurgische Operationsmethoden der ästhetisch-plastischen Parodontalchirurgie. Die Eingriffe müssen hoch präzise und mit viel Fingerspitzengefühl ausgeführt werden, um einen langfristigen Behandlungserfolg sicherzustellen. Deshalb bieten nur speziell ausgebildete Fachärzte und qualifizierte Spezialisten für Parodontologie diese Therapiemöglichkeiten an. Achten Sie bei der Wahl Ihres Zahnarztes auf die entsprechende Fachausrichtung und Kompetenz.
Ihr Dr. Marc Hinze
Weitere Informationen zum Thema Zahnfleischrückgang/Rezession:
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